Call me by another name - Das Pseudoym
- dunkel3
- 29. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

Was ist ein Pseudonym?
Ein Pseudonym ist ein Name oder eine Phantasiebezeichnung, die Künstler*innen,
Schriftsteller*innen, Politiker*innen oder andere Personen der Öffentlichkeit wählen, um damit in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld aufzutreten. Der Begriff kommt aus dem Griechischen von „pseudonymos“, was so viel bedeutet wie „mit falschem Namen“.
Die Möglichkeit, digitale Dienste unter einem Pseudonym in Anspruch zu nehmen, stellt eine gesetzlich normierte Ausprägung des Anspruchs auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar und dient zugleich der Gewährleistung des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der Datensparsamkeit gemäß § 3a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Welchen Schutz genießt ein Pseudonym?
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2003 (BGH, 26.06.2003 - I ZR 296/00) entschieden, dass ein Pseudonym dem Schutz des Namensrechts nach § 12 BGB unterfallen kann, sofern sich sein Träger mit diesem identifiziert und es im öffentlichen Verkehr als kennzeichnendes Alias verwendet. Voraussetzung für die Zuerkennung des namensrechtlichen Schutzes ist jedoch, dass das Pseudonym eine hinreichende Verkehrsgeltung erlangt hat, das heißt, dass die betreffende Person im Rechtsverkehr unter diesem Namen bekannt ist.
Unterschiede zum Künstler*innennamen
Im Gegensatz zum Pseudonym ist ein Künstler*innenname ein offiziell im Pass oder
Personalausweis eingetragener Name, der u. a. auch zur Unterzeichnung von Dokumenten (z. B. Verträgen) verwendet werden kann. Der Künstler*innenname hat außerdem einen spezielleren Anwendungsbereich für Kunstschaffende, während ein Pseudonym von Personen unterschiedlicher Bereiche des öffentlichen Lebens genutzt wird.
Wieso verwenden Menschen Pseudonyme?
Menschen nutzen Pseudonyme häufig zum Schutz der Privatsphäre: Wer sich mit im
gesellschaftlichen Diskurs relevanten Themen beschäftigt oder politische Kritik übt, möchte möglicherweise nicht mit dem bürgerlichen Namen im Rampenlicht stehen. Andere Autor*innen nutzen Pseudonyme aus künstlerischer Freiheit – um zwischen Werk und Privatperson zu trennen oder weil ein klangvoller, einprägsamer Name als
Marketinginstrument besser funktioniert. Wieder andere nutzen Pseudonyme als
Schutzinstrument gegen Diskriminierung aufgrund lesbarer Zugehörigkeit zu einer
marginalisierten Gruppe. Menschen verwenden Pseudonyme nicht nur aus den genannten Gründen, sondern manchmal auch, um mit böser Absicht unkontrolliert oder anonym zu agieren – etwa, um Hassreden, Beleidigungen oder Falschinformationen zu verbreiten.
Gefahren der Nutzung von Pseudonymen und rechtlichen Grenzen
Diese Verwendung von Pseudonymen birgt auch Risiken. So können sie zu Rechtsunsicherheit führen, wenn in Vertragsverhältnissen, vor Gericht oder gegenüber Behörden die wahre Identität einer Person nicht offengelegt wird. Nur, wenn Vertragspartner*innen erkennbar sind, können Ansprüche zweifelsfrei zugeordnet und rechtlich durchgesetzt werden. Zum anderen eröffnet die Nutzung von Pseudonymen ein Missbrauchspotenzial: Sie dürfen nicht als Deckmantel für die Begehung von Straftaten dienen – eine Gefahr, die insbesondere das Internet birgt. Das Namensrecht nach § 12 BGB verbietet es, einen Namen zu verwenden, der mit Rechten Dritter kollidiert – etwa den Namen einer bekannten Persönlichkeit oder einen
geschützten Markennamen. Auch das Strafrecht wirkt Missbrauch entgegen: Wer unter falschem Namen einen Betrug (§ 263 StGB) oder ein Ehrdelikt (§§ 185 ff. StGB) begeht, macht sich strafbar. Damit wird deutlich, dass die Freiheit, unter einem Pseudonym aufzutreten, dort ihre Grenze findet muss, wo die Rechtsordnung und die Persönlichkeitsrechte Dritter berührt werden.
Kann ich mein Pseudonym im Impressum angeben?
Die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung von Telemedien ergibt sich aus § 18
Medienstaatsvertrag sowie § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG). Ziel dieser Regelungen ist es, mehr Transparenz im Internet zu schaffen, indem verantwortliche Personen klar erkennbar sind. Das Impressum hat den vollständigen Namen sowie die ladungsfähige Anschrift zu enthalten. Die ausschließliche Verwendung eines Pseudonyms genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht; maßgeblich ist die Nennung einer identifizierbaren Person. Ein unvollständiges oder fehlerhaftes Impressum kann zu Verwaltungsgebühren oder sogar Bußgeldern führen und unterliegt einer Fachaufsicht.
Am 28.05.2025 hat das OLG Braunschweig (OLG Braunschweig, 28.5.2025 – 2 U 16/25) entschieden, dass ein Verstoß gegen die Impressumspflicht nach § 5 DDG auch dann vorliegt, wenn die Informationen über eine Verlinkung auf eine andere Webseite zugänglich gemacht werden und leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung Bestand hat.
Prominente Fälle:
Dass ein Pseudonym weit mehr sein kann als eine bloße Tarnung, zeigen prominente Fälle. Der litauisch-französische Schriftsteller Roman Katsev veröffentlichte seine Werke unter verschiedenen Namen – am bekanntesten wurde er als Romain Gary. Mit diesem Kunstgriff gelang ihm sogar das scheinbar Unmögliche: Er erhielt den Prix Goncourt gleich zweimal, obwohl der Preis offiziell nur einmal im Leben verliehen werden darf.
Auch in Deutschland wird zur Feder unter fremdem Namen gegriffen. Der Autor Norris von Schirach debütierte jüngst mit seinem ersten Roman – allerdings nicht als von Schirach, sondern als Arthur Isarin. Der Grund: In seiner Familie gibt es bereits eine ganze Reihe bekannter Autor*innen – Ferdinand, Richard und Ariadne von Schirach. Um nicht als „der nächste Schirach“ abgestempelt zu werden, entschied er sich für eine neue literarische Identität.



